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Die germanische Religion
Die Schwierigkeit die religiöse Welt der Germanen aufzuzeigen liegt laut den Religionswissenschaftlern an den fehlenden Literaturquellen. Viele der Aufzeichnungen sind zu später Zeit mit christlichem Hintergrund niedergeschrieben worden (z.B. Edda, Sagas der Isländer), stammen aus generationsweise überlieferten (und somit veränderten) Erzählungen und enthalten zudem teilweise Wertungen. Auch die oftmals in der Literatur angeführten Beschreibungen des römischen Schriftstellers Tacitus enthalten interessante Aspekte über das Leben der Germanen, stempeln diese jedoch oberflächlich aus römischer Sichtweise als Wilde ab. Interessante und eingehendere Beschreibungen liefert der am 2. April 921 durch den Kalifen von Bagdad entsandte Schreiber Ahmad Ibn Fadlan, der im Rahmen seiner Erkundungsreisen im Wolga-Gebiet auf Rûs (Rusiya) -> germanische Waränger (Wikinger) traf. Er beschrieb eindrucksvoll neben Lebens- und Bestattungsgebrächen auch einige religiöse Riten wie beispielsweise die Anbetung von Pfahlgöttern (Baumstümpfe mit eingeschnitzten Gesichtern) denen vor Marktbeginn Opfer dargebracht wurden, um einen erfolgreichen Handel zu erwirken.
Die Germanen unterschieden drei Wesensformen
Die Götter haben die Welt nach Ansicht der Germanen aus dem Körper des getöteten Riesen
Ymir erschaffen. Sein Fleisch wurde für der Erde verwendet, sein Blut
für das Meer, die Knochen für die Berge, das Haar für die Bäume und sein
Schädel bildete den Himmel. Die erste Gottheit auf Erden soll Tuisto gewesen
sein. Aus zwei Pflanzen (Askr-> Esche und Embla->Rebe) schufen die Götter
das erste Menschenpaar.
Es folgt die Darstellung bekannter Gottheiten der Germanen:
Odin (Odinn, Wuotan, Wotan)
Der Ase wurde als der höchste Gott angesehen. Er war außerdem Kriegsgott, Gott
der Kampftoten (die in Walhall eingingen) und Gott der Extase, ekstatischen
Dichtkunst, schamanischen Zaubers und schwarzer Magie. Er stachelte den
Überlieferungen nach Freunde und Verwandte auf, damit es zu Krieg und Fehde
kam.
Er nahm Frigg zu seiner offiziellen Frau und zeugte mit ihr die Söhne Balder
(Baldr, Baltas) und den blinden Hodr (Stark-hodr).
Odin wurde als einäugiger, unsteter Wanderer in blauem Mantel, lang
herabhängendem Hut und ein achtfüßiges Pferd reitend gesehen. Seine
Begleittiere waren Adler, Rabe und Wolf.
Tyr (Ziu, Tiwaz, Teiva)
Der Ase wurde ebenfalls von den Germanen als Kriegsgott angesehen, galt jedoch
von Odin an Macht überflügelt. Im germanischen Runenzauber verhieß die
T(Tyr)-Rune hingegen den Sieg. Zudem war Tyr auch der Gott des Rechts (da er als
einzig moralischer Gott bezeichnet wurde), der Gott des Eides und der Gott der
Volksversammlung (Thing). Oftmals wurde er auch als der leuchtende Gott
beschrieben. Die Römer sahen in ihm ihren Gott Mars.
Das auffälligste Merkmal des Gottes Tyr war die fehlende rechte Hand (die er
aufgrund eines geleisteten Eides hingab).
Thor (Porr, Thonar, Donar)
Thor galt als Gott der Kraft und Stärke und gehörte ebenfalls zu den Asen. Er
streitet gegen Riesen, die Mächte des Winters und der Eisstürme oder der
Felseinöde, die im Norden den Lebensraum der Götter und Menschen bedrohen.
Thor wurde als jugendlicher, schöngesichtiger, hochgewachsener und rotbärtiger
Mann dargestellt, galt aber auch als jähzorniger Polterer und Haudegen,
gewaltiger Biertrinker und enormer Esser. Seine Begleittiere waren ein
Bockgespann, seine Waffen waren Hammer und Blitz.
Loki (Lukan, Luka)
Der Ase und Sohn eines Riesen ist Gott der Tricks, Tücken und der
Hinterlistigkeiten. Er zeugte mit der Riesin Angr-Boda (Angstbotin) drei Monster
(Fenriswolf, Midgardschlange und Hel, die Beherrscherin des Totenreichs). Loki
wurde nachdem er seine heimtückischen Werke gegenüber Odins Söhnen
übertrieben hatte an einen Felsen in Utgard (Unwelt) gebunden. Über ihn wurde
von den Göttern eine Schlange angebunden, die ab und zu Gift über ihn
verspritzt, wohin Loki vor Schmerzen zusammenzuckt. Dieses Zucken macht sich bei
den Menschen als Beben bemerkbar. Lokis Zustand wird andauern bis das Ende der
Welt (ragna rok, Ragnarök) erreicht ist.
Frigg (Frija)
Die Ase ist die Göttin der Liebe und der Frauen. Sie ist die offizielle
Gemahlin Odins, soll aber auch anderen Männern (z.B. Odins Brüder, ihren
Schwägern) angetan gewesen sein/Verhältnisse gehabt haben.
Freyja (Fraujôn; Freyr)
Die Wanin ist die Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit. Freyja entstammt wie
Frey der Inzestehe zwischen Njordr und dessen Schwester. Sie ist die größte
Rivalin der Frigg gegenüber Odin. Zusätzlich ist sie mit ihrem Zwillingsbruder
Frey liiert, aber auch die Geliebte aller Asen und auch gegen gewisse Dienste
einigen Zwergen gefügig. Ihre Begleittiere sind Schwein, Katze und Ziege.
Es wird von einigen Historikern angenommen, dass in Südgermanien die Personen
Frigg und Freyja als eine Person verschmolzen sind.
Frey (Freyr, Frø, Frou, Fridi, Fricco)
Der Wane galt als Fruchtbarkeitsgott und schenkte den Menschen Frieden und Lust.
Frey war inoffiziell mit seiner Schwester Freyja liiert, offiziell aber mit der
Riesentochter Gerd vermählt.
Frey wird oft in Form eines Phallussymbols dargestellt. Seine Begleittiere sind
Schwein und Pferd.
Njordr (Njôrd)
Der Wane gilt ebenfalls als Gott der Fruchtbarkeit, aber auch als Gott des
Überflusses, des reichen Fischfangs und der ungefährdeten Seefahrt. Auch er
ist mit seiner Schwester liiert und offiziell auf Drängen der Asen mit der
Riesentochter Skadi vermählt.
Njordr lebte von seiner Gemahlin getrennt am Meer bei Noa-tun (Schiffshof).
Nerthus (Nerpuz)
Die Wanin gilt als Göttin Mutter Erde und Fruchtbarkeitsgöttin. Einige
Forscher gehen davon aus, dass Nerthus die (Zwillings-)Schwester von Njordr ist.
Laut Tacitus fanden im Frühling ihr zur Ehren Prozessionen statt. In dieser
Zeit herrschte Frieden.
Idun (Idunn)
Der Wane ist der Hüter goldener Äpfel, welche die Götter essen, damit sie
wieder jung werden. Der Apfel galt als Lebens-, Erneuerungs- und
Fruchtbarkeitssymbol. Der Genuss sollte Schwangerschaften fördern.
Hieraus entstand der Brauch Äpfel an Tannen zu hängen, was auf das sich
erneuende Jahr oder Leben der Erde hindeuten soll. Hieraus entstand später der
Brauch des Weihnachtsbaumes.
Eastre (Eostra)
Sie galt als Göttin des (anbrechenden) (Tages-)Lichts und damit als Botin des
Frühlings. Aus der Verehrung der Eastre wird vermutlich das Osterfest
entstanden sein.
Alcis (Alces)
Ein männliches Zwillingspaar als Götter in der Not (Jünglinge). Sie sollen
die Menschen in der Not schützen und Böses abwehren. Bei den Römern wurden
sie mit Castor und Pollux verglichen. Ihr Begleittier/Symbol ist der Elch.
Matronae (Matres, Aufaniae)
Drei weibliche Göttinnen der Fruchtbarkeit, des Segens und des Glücks. Zwei
der Göttinnen, dargestellt als sitzende Frauen in weiblicher Gewandung und
Haube auf dem Kopf, flankieren ein junges Mädchen mit offenem Haar, welches
eine Schale mit Obst in ihrem Schoß hält.
Lollus (Löllus, Lullus)
Gott der Fruchtbarkeit und des Weines (der schweren Zunge). Ihm wird von einigen
Forschern eine Mutter-Kind-Verbindung zu der Göttin Frigg nachgesagt.
Lollus wird als lockiges Knäbelein im Lendenschurz dargestellt. Um den Hals
eine Kette/Kranz aus Mohnsamenköpfen, in der linken Hand ein Wein-Becher.
Daumen und Zeigefinger der rechten Hand fassten an die eigene Zunge.
Den hier dargestellten Gottheiten gebührte kultische Verehrung in Form von Opfern (bis hin zu Menschenopfern), Gebeten und feierlichen Festen. Die Verehrungszeremonien wurden meist an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten abgehalten.
Die germanischen Religionsforscher sprechen von drei überlieferten Weltbildern (man spricht hier von kosmografischen Modellen):
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Welt als Kreis | Welt als Fluss | Welt als Baum |
Der Anfang vom Ende der germanischen Welt sollte eingeleitet werden, wenn sich die bestehenden Gemeinschaftsformen aufgelöst haben (z.B. wenn sich Sippenbanden zerfallen, Treueschwüre gebrochen werden oder sich Brüder bekämpfen). Darauf soll der Gott Loki entfesselt werden und mit seiner Sippschaft (den Riesen und den Monstern) gegen die restlichen Götter kämpfen. Die alte Schöpfung wird zerstört, Himmelskörper fallen auf die Erde nieder, die Erde versinkt im Meer, Feuer verbrennt das All und der Weltbaum wird zerstört. Danach erneuert sich die Schöpfung. Odins und Thors Söhne überleben und Balder und Hodr werden wieder lebendig. Ein Menschenpaar soll dann aus der Weltesche entstehen und zu den Eltern der neuen Menschen werden.
Das Ende des germanischen Glaubens
Der Beginn der germanischen Christianisierung erfolgte bei den Kleingoten mit dem Bischof Wulfila (+383) mit dessen Übersetzung der Bibel ins Gotische. Einen weiteren großen Schub der 'Bekehrung' erreichte der Angelsachse Wynefrid (+754), bekannt unter dem Namen Bonifatius (Apostel der Deutschen). Das endgültige Ende der germanischen Religion wird laut der Literatur mit Beginn des 12. Jahrhundert gesehen, als auch die letzten Germanen christianisiert wurden.
Quellen:
- Hasenfratz, Hans-Peter, Die religiöse Welt der Germanen, Herder-Verlag,
1992
- Braune, W. /K. Helm, Althochdeutsches Lesebuch, 1958
- Amstadt, J. Südgermanische Religion seit der Völkerwanderungszeit, 1991
- Bemmann, K. Der Glaube der Ahnen, Religion der Deutschen, bevor sie Christen
wurden, 1990
Tactius
Edda
- Kilian, L., Zum Ursprung der Germanen, 1988
- Simek, R., Lexikon der germanischen Mythologie, 1984
- Ström, A.V., Germanische Religion, 1975
- deVries, J., Altgermanische Religionsgeschichte, 1970
- Graf, H.-J., Orientalische Berichte des Mittelalters über die Germanen, 1971
Weblinks zu den Germanen
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